Cartagena-Protokoll über die biologische Sicherheit
Gesund leben bedeutet nicht nur, zu wissen ‚wie‘ man isst, sondern auch ‚was‘ man ist. Und auch wenn man es manchen Produkten auf den ersten Blick ansieht, um was es sich handelt, bleiben unter der Schale meist viele Dinge verborgen. Vor allem der Anstieg an gentechnisch veränderten Lebensmitteln hat in den vergangenen Jahren unsere Ernährung noch ein Stück weit unübersichtlicher gemacht. Bereits vor einigen Jahrzehnten begannen die Bemühungen der Weltpolitik, den Handel und die Begleitumstände der Gentechnik zu regulieren. Ein solches Ergebnis findet sich unter anderem im Cartagena-Protokoll vom 11. September 2003.
Worüber handelt das Internationale Protokoll über die biologische Sicherheit?
Das Cartagena-Protokoll, welches nach seinem letzten Verhandlungsort Cartagena in Kolumbien benannt und eigentlich als ‚Internationales Protokoll über die biologische Sicherheit‘ bekannt ist, handelt – völkerrechtlich bindend – vom grenzüberschreitenden Transport, die Handhabung und den Umgang mit gentechnisch veränderten Organismen. Als solche gentechnisch veränderte Organismen, kurz GVO, werden transgene Pflanzen und Tiere bezeichnet sowie die Erzeugnisse aus der industriellen Biotechnologie. Es dient dabei dem Schutz der Biodiversität bzw. der biologischen Vielfalt, die von zahlreichen Experten durch die Biotechnologie und Gentechnik bedroht sehen. Als Ausnahmen gelten nur jene GVO, die zu medizinischen Zwecken nutzbar gemacht wurden, sowie solche, deren Zuständigkeit bereits von anderen internationalen Abkommen berührt wird. Von letztgenanntem Fall gibt es bisher keine Ausnahmen zur Regelung im Cartagena-Protokoll.
Die Kernpunkte
Das Internationale Protokoll über die biologische Sicherheit umfasst eine Reihe von Vereinbarungen, die dem Schutz der Biodiversität dienen. Dazu sollen in erster Linie die Transportbedingungen von gentechnisch veränderten Organismen reguliert werden. Zusammengefasst sind diese Kernpunkte aus dem Cartagena-Protokoll:
- Für einen ausgiebigen Austausch von fundierten Informationen aus Wissenschaft, Technik und Umwelt soll ein Biosafety Clearing-House (BCH) eingerichtet werden, auf das die teilnehmenden und unterzeichnenden Parteien des Abkommens Zugriff haben. Zudem verpflichten sich alle Vertragspartner, dass Informationen über alle GVO, die in diesen Staat importiert werden können, zur Verfügung stehen.
- Jeder exportierende Staat behält das Recht, innerhalb seiner Landesgrenzen über den Umgang mit GVO auf Grundlage einer wissenschaftlich basierten Risikobewertung selber zu entscheiden, bevor dieser GVO ins Zielland überführt wird.
- Damit das Cartagena-Protokoll auch in finanzschwächeren Ländern durchgesetzt werden kann, verpflichten sich die Vertragspartner zur Unterstützung dieser Staaten beim Aufbau und zur Gewinnung der erforderlichen Erfahrung mit der Administration von GVO-Im- und Exporten.
- Die unterzeichnenden Staaten verpflichten sich durch ihre Unterschrift, das öffentliche Bewusstsein der Bürger in diesem Staat zu den Maßnahmen und dem Schutz der biologischen Vielfalt vor gentechnisch veränderten Organismen zu fördern.
- Zudem gibt es eine Reihe weiterer Regelungen zum Transport, der verpackung und der Kennzeichnung von GVO.
Geschichte des Cartagena-Protokolls
Cartagena-Protokoll ist ein Folgeabkommen der 1992 unterzeichneten UN-Konvention über die biologische Vielfalt und wurde im Januar 2000 im kanadischen Montreal verabschiedet. Am 11. September 2003 wurde es durch Ratifizierung von 50 vertraglich gebundenen Staaten rechtskräftig. Deutschland unterzeichnete die Ratifizierungsurkunde bereits am 24. Mai 2000, zu Beginn des Jahres 2017 waren es schon knapp 170 Vertragspartner. In der EU ist das Cartagena-Protokoll mit der Verordnung (EG) Nr. 1946/2003 in geltendes Recht umgesetzt worden und ist unmittelbar. Dadurch muss die Verordnung nicht ins nationale Recht übernommen werden, sondern gilt in allen Staaten der Europäischen Union. Nicht unterzeichnende Staaten, die vor allem bei den Exporten in der Agrarindustrie an der Spitze stehen, sind beispielsweise die USA und Australien, andere Staaten wie Argentinien oder Kanada haben das Protokoll unterschrieben, allerdings nicht ratifiziert. 2010 fand das Cartagena-Protokoll eine Ergänzung durch das Nagoya-Protokoll vom 23. Oktober, welches die Durchsetzung der sogenannten Aichi-Ziele aus der UN-Konvention von 1992 spezifizierte. Durch diese zusätzlichen Bedingungen haben sich die Vertragspartner dazu bereiterklärt, bis zum Jahr 2020 den Verlust von natürlichem Lebensraum zu halbieren, die Überfischung der Meere zu stoppen und knapp 17 Prozent der Land- und 10 Prozent der Seemasse unter Schutz zu stellen.
Kritik am Cartagena-Protokoll
Prominentester Kritiker des Cartagena-Protokolls ist der Biologen Willy de Greef von der Universität Gent, der durch das Abkommen die öffentliche Forschung bedroht sah. ‚Grüne Gentechnik‘ würde durch das Abkommen um die Ecke herum verboten werden, hieß es aus Belgien. Zudem seien die falschen Vertreter für die unterzeichnenden Staaten bei den Treffen vor Ort gewesen, wenige seriöse Wissenschaftler und stattdessen mehrfach Delegationen Wissenschafts-kritischer Organisationen.